Interview,  Kino,  Kultur

Transit Filmfest

EIN PAAR FRAGEN AN…CHRISSY GRUNDL VOM TRANSIT FILMFEST!

Unter dem Motto HI, HOW ARE YOU? findet vom 6. bis 13. November das Transit Filmfest 2024 in den Altstadtkinos Regensburgs statt – ein echtes Herbst-Highlight und eine feste Institution im November. Dieses Jahr feiert das Transit Filmfest sein fünfjähriges Jubiläum!
Das ganze Jahr über, wählt das Transit Team unter der Festivalleitung von Chrissy Grundl die Filme aus. Sie ist auch die Geschäftsführerin des Arbeitskreises Film e.V. und nahm letztes Jahr den Kulturförderpreis der Stadt Regensburg für das Transit Filmfest entgegen.
Den Auftakt der diesjährigen Festivalausgabe bildet der Eröffnungsfilm SHAHID sowie das Konzert der Jazz- und Krautrockband Embryo, die den Sound zum Transit Festivaltrailer lieferten. Und dann heißt es sieben Tage lang: „Film ab!“ in Regensburg.

Wir freuen uns schon sehr und haben Chrissy Grundl vorab ein paar Fragen gestellt:

RegensburgNow: Liebe Chrissy,
Wie lange lebst Du schon in Regensburg und was waren Deine bisherigen Lebensstationen?

Tatsächlich bin ich in Regensburg geboren und auch zur Schule gegangen. Nach einem kleinen Abstecher in München bin ich schließlich auch für mein Medienwissenschaftsstudium an die Uni Regensburg zurückgegangen. Um ehrlich zu sein war es alles andere als mein Plan, hier zu bleiben. Zu mehreren Zeitpunkten in meinem Leben saß ich quasi auf gepackten Koffern und war bereit, endlich in eine größere Stadt zu ziehen. Aber im Leben läuft vieles anders; erst kam die Liebe dazwischen, dann das Filmfest und schließlich das Kino.

Chrissy Grundl
(c) Transit Filmfest

 

Vom 6. bis 13. November 2024 findet zum fünften Mal das Transit Filmfest statt. Ein Jubiläum. Was ist das „Transit Filmfest“ und was erwartet uns dieses Jahr?

Das Transit Filmfest ist entstanden aus dem Heimspiel Filmfest, an dem ich – und andere aus dem Team – auch schon in meiner Studienzeit beteiligt war. Wir sind uns selber nie so ganz sicher, welche „Zeitrechnung“ wir wählen und ob wir heuer die 5. oder die 15. Ausgabe feiern. Seit „Heimspiel“ zu „Transit“ wurde hat sich da Festival interdisziplinär geöffnet: Neben der Filmauswahl aus der aktuellen Festivalsaison haben wir immer auch eine Retrospektive, eine Ausstellung (diesmal mit neurodiverser und neurotypischer Kunst im M26), Film- und Podiumsgespräche sowie zahlreiche Live-Shows im Programm. Heuer freuen wir uns u.a. besonders auf Tocotronic-Sänger Dirk von Lowtzow, die deutsche Avantgarde-Regisseurin und Impulsgeberin des New Queen Cinema Monika Treut, die Münchner Jazz- und Krautrock Legenden „Embryo“ und die Psychedelic Rock Band „Wand“ aus Los Angeles.

Über welchen Ehrengast hast Du Dich in den vergangenen 5 Jahren besonders gefreut?

Das Schönste ist wenn sich Menschen, die man selbst ein bisschen anhimmelt, dann als ganz wunderbar sympathisch erweisen. Mit den beiden Filmwissenschaftlerinnen Karola Gramann und Heide Schüpmann sowie der Regisseurin Jeanine Meerapfel war es zum Beispiel so – drei echte Grande Dames der Branche, die voll des Lobes für unser Programm und unser Festival waren. Ähnlich war es mit Wolfgang Müller, Sophia Kennedy und Mensa Reents. Alle drei sind gewissermaßen Ikonen der Indieszene. Dieses Jahr freue mich tatsächlich riesig auf Dirk von Lowtzow. Als Tocotronic-Fangirl muss ich sagen, dass mir jetzt schon ein bisschen das Herz klopft…

Wie bist Du eigentlich zum ‚Film‘ gekommen?

Mein erster Job war Abreißerin im Garbokino. Dort hab ich natürlich zwischen Ticket abreißen und Kinosaal aufräumen jeden Kinofilm inhaliert, der da lief. Im Kunst-Abitur habe ich mich dann selbst an einem eigenen Kurzfilm versucht. Später habe ich Medienwissenschaft studiert, parallel am Lehrstuhl gearbeitet und viel von dem gelesen, was ich für die Dozent*innen scannen musste. Später habe ich dann selbst an der Uni gelehrt und Seminare gegeben (z.B. zum Thema Frauen im Horrorfilm). Währenddessen hab ich mich durch die Regensburger Kino- und Festivallandschaft gewühlt – zunächst als Besucherin, dann immer öfter als Helferin und irgendwann als Mitveranstalterin. Seit 2021 leite ich ein kleines Kino: die Filmgalerie im Leeren Beutel.

 

 

Was magst Du an Regensburg?

Die Tatsache, dass man bei jedem Spaziergang durch die Stadt bekannte Gesichter trifft, kann Segen und Fluch zugleich sein. Manchmal sehne ich mich zwar nach Anonymität und neuen Impulsen, aber die Freundschaften und Verbindungen, die hier über die Jahre entstanden sind, möchte ich nicht mehr missen. Und ich mag die Kinokneipe.

Und was nicht so?

Manchmal habe ich den Eindruck, dass ich mich hier einer Seifenblase befinde, die mit der Realität nicht viel zu tun hat. In einem Mittelalter-Disneyland, in dem alles sauber und ordentlich zugeht, aber wenig Raum für Experimente und  Blicke über den Tellerrand bleibt. Auch die Tatsache, dass ich fast jeden Stein hier beim Namen kenne macht mich manchmal ziemlich nervös. Dann muss ich dringend nach Berlin und ein bisschen U-Bahn fahren.

Was ist das Spannende an Deiner Arbeit?

Das Spannende an meiner Arbeit ist das Publikum. Es gibt nichts Schöneres, als einen vollen Kino- oder Konzertsaal bei Veranstaltungen, von denen man es nicht erwartet hat. Und auch die Reaktionen nach den Veranstaltungen sind wahnsinnig spannend – die Gesichter und das Gemurmel nach dem Film. Besonders toll ist das natürlich, wenn wir die Filmemacher*innen zu Gast haben und ein Gespräch zwischen ihnen und dem Publikum entsteht. Wenn die Zuschauer*innen in Worte zu fassen, was sie fasziniert / überrascht / beeindruckt / gestört hat. Nach einem Netflix-Abend alleine vor dem Laptop fragt einen das ja selten jemand.

Blöde Frage: Hast Du einen Lieblingsfilm?

Eine Frage, die ich öfter mal gestellt bekomme und dann immer wieder anders beantworten muss. Heute sag ich einfach mal SHINING von Stanley Kubrick und SUNSET BOULEVARD von Billy Wilder. Kürzlich hab ich mal wieder den alten BEETLEJUICE im Kino gesehen – das war als Kind mein Lieblingsfilm.

Gibt es jemanden, der / die Dich inspiriert?

Das sind tatsächlich die jungen Menschen, mit denen ich das Festival organisiere. Jedes Jahr kommen neue Studierende in unser Team, mit neuen Ansichten zu Welt und zur Gesellschaft. Das finde ich super inspirierend und das hilft mir auch dabei, mich selbst immer wieder zu hinterfragen. Alle reden immer von Beweglichkeit im Alter – ich hoffe, ich kann so lange wie möglich beweglich in meinen Standpunkten und Interessen bleiben.

Das Festival Team! Foto: Transit Filmfest

 

Hast Du einen Lieblingsort oder Lieblingsplatz in oder um Regensburg?

Zurzeit gehe ich gern an der Donau Richtung Westen spazieren. Die Eisenbahnbrücke bei Prüfening zur Naabspitz hat auf mich irgendwie eine anziehende Wirkung.

Und jetzt die Regensburg-Frage: Knackersemmel oder Prinzess-Pralinen?

Seit ich wieder Fleisch esse: Knacker mit allem, klare Sache.

Zurück zum Transit Filmfest. Welchen Film dürfen wir auf gar keinen Fall verpassen?

Fast so schwierig wie die Lieblingsfilm-Frage… natürlich sind alle Filme sehenswert, sonst hätten sie es nicht ins Programm geschafft. Aber wenn man wirklich Festivalfeeling möchte, sollte man vor allem zu den Screenings mit anschließenden Q&As kommen: In DER SPATZ IM KAMIN inszeniert Ramon Zürcher schwelende Familienkonflikte mit abgründiger Komik, in ALL WE EVER WANTED lässt Frédéric Jaeger seine Protagonist*innen in einem polyamoren Liebesdreieck unter der spanischen Sonne brutzeln und in Sara Summas nostalgisch-warmem Familien-Roadtrip ARTHUR & DIANA fühlen wir uns zurückversetzt in die Urlaubsfahrten unserer Kindheit. Alle drei Regisseur*innen und Teile der Casts werden zu uns nach Regensburg kommen. PLAY DEAD! ist ein morbides Filmtagebuch, in dem Diabetiker und Body-Horror-Fan Matthew Lancit seine eigene Krankheit reflektiert. Regisseurin Julia Niemann wird ihre groteske Komödie VENI VIDI VICI präsentieren – ein bitterböser Kommentar auf den Anarchokapitalismus der österreichischen Oberschicht. Etwas kuscheliger geht es in HALLO SPENCER zu. Regisseur Timo Schierhorn und Produzentin Julia Michel bringen die Wiederauflage der deutschen Puppet-Show persönlich zum einzigen Kinoscreening nach Regensburg, bevor der Film ins ZDF wandert.

Vielen Dank für das tolle Interview liebe Chrissy!

Von 6. bis 13. November zeigt Transit über 50 innovative, maßgebende und kontroverse Filme der aktuellen Kino- und Festivalsaison sowie (wieder-)entdeckte Klassiker. Die diesjährige Festivalausgabe gliedert sich in drei Sektionen: die internationale Hauptsektion, eine Retrospektive und die interdisziplinäre Themensektion Close Encounters. Unterstützt durch die Aktion Mensch widmet sich diese Sektion neurologischer Diversität in Kunst und Film.

Neben einem abwechslungsreichen Filmprogramm mit fachkundigen Anmoderationen und Q&As mit spannenden Filmemacher*innen gibt es auch ein vielseitiges Rahmenprogramm. So machen eine Podiumsdiskussion, eine Begleitausstellung im Rahmen der Sektion Close Encounters sowie Konzerte und Partys die Festivalwoche zu einem unvergesslichen Erlebnis.

Einzeltickets (9 Euro/7 Euro ermäßigt) sind online unter www.transit-filmfest.de/programm/ erhältlich, Festivalpässe (54 Euro/42 Euro ermäßigt) im Festivalbüro in der Filmgalerie im Leeren Beutel und an der Universität (Lehrstuhl für Medienwissenschaft, PT 3.0.54). Weitere Informationen zum Programm gibt es auf www.transit-filmfest.de.

 

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