Carolin Samson
EIN PAAR FRAGEN AN… CAROLIN SAMSON!
Carolin Samson ist ein Multitalent: sie ist Künstlerin, Kuratorin und Herausgeberin des „TheWhyNot“ Magazins. Sie liebt die Kunst und lebt sie unter anderem hier in Regensburg. Mit ROOMSERVICE gab es dieses Jahr ein tolles Projekt, bei dem Künstler die Möglichkeiten hatten, ihre Arbeiten in Hotelzimmern des LUIS Hotels zu zeigen. Am 12. September folgt das nächste spannende Projekt: THEWHYNOT POPUP GALERIE im Degginger.
RegensburgNow: Liebe Carolin,
Wie lange lebst Du schon in Regensburg und was hat Dich hierher geführt?
Ich bin 2007 von Hamburg nach Regensburg gezogen. Mein Mann hat damals hier eine Firma aufgebaut und ist zwei Jahre gependelt, bis ich wir uns dann entschieden haben in Regensburg unseren Lebensmittelpunkt einzurichten.
Was waren Deine bisherigen Lebensstationen?
Aufgewachsen bin ich in Ostwestfalen zwischen Bielefeld und Osnabrück. Ich bin dann gleich nach dem Abi nach Düsseldorf gezogen und hab angefangen Architektur zu studieren. Beides, die Stadt als auch das Studium, waren nicht so meins. Also bin ich wieder zurück, hab in Osnabrück u. a. Kunst studiert, meine erste Galerie gegründet und in Bielefeld an der Kunsthalle im Bereich der Museumspädagogik gearbeitet. Von hier aus ging es dann für ein Semester nach Paris, zwischendurch an die Scuola di Grafica nach Venedig und dann zwischen dem ersten und zweiten Staatsexamen für ein Jahr nach Mexiko. Hier habe ich eine Kunstschule aufgebaut und in einem Atelier künstlerisch gearbeitet. Dann ging es zurück nach Deutschland, ins Alte Land.
Mit einem Bein war ich aber noch in Mexiko, weil ich eigentlich nur schnell mein 2. Staatsexamen machen wollte. Aber ich bin dann doch geblieben und von einem beschaulichen Friesendörfchen auf die Reeperbahn gezogen. In Hamburg habe ich an einer Schule unterrichtet, eine Galerie im heutigen Gängeviertel aufgebaut und dort den Prozess des Wandels eines verlassenen Ortes zu einem Kunstquartier begleitet. Das Gängeviertel steht heute für eine etablierte Kunstszene. Als wir nach Regensburg gezogen sind, habe ich mein Atelier, welches ich ebenfalls im Gängeviertel hatte, in eine Ateliergemeinschaft übergeben, dem heutigen Salon Valentina. In Regensburg habe als freie Kunstlehrerin gearbeitet, sowohl an Schulen, als auch in meiner eigenen Kunstschule, dem LABOR für junge Forscher und Künstler, die ich mit einem Partner am St. Kassiansplatz geführt habe.
Das war so ein Meilenstein von mir, der immer in meinem Kopf herumschwirrte. Leider habe ich die Räumlichkeiten aufgeben müssen, weil wir nach Köln gezogen sind, ohne zu wissen, dass wir wieder zurück nach Regensburg kommen.
Da ich von da an unabhängig von einer Verortung agieren musste, habe ich 2015 das Online Magazin THEWHYNOT gegründet, in dem ich junge Künstler vorstelle und mit ihnen Ausstellungen organisiere. Seit ich nun wieder zurück in Regensburg bin, suche ich aber wieder nach Räumlichkeiten, die ich sowohl als Atelier, Galerie und Kunstschule nutzen kann, weil ich wieder mehr in der Kunstvermittlung arbeiten möchte. Außerdem soll es auch bald wieder ein Schulprogramm geben.
Was magst Du besonders an Regensburg?
Ich liebe es früh montagmorgens über die Steinerne Brücke zugehen. Wenn Regensburg gerade erwacht. Den frischen Wind auf der Höhe des Bruckmandels zu spüren und am Ende der Brücke manchmal sogar den Geruch vom Anschüren der Wurstkuchel. Wenn sich die mittelalterlichen Türme in der Sonne zeigen und in den vielen kleinen Gassen die Menschen aus ihren Häusern zur Arbeit eilen. Dann die ersten Touristen. Amerikaner, Japaner, Chinesen… ich liebe es in diese Entdeckeraugen zu schauen, und deren Freude und Stauen zu erkennen. Sie bringen mir jedes Mal gute Laune, vielleicht, weil ich mich in ihnen erkenne, wenn ich eine noch unbekannte Stadt irgendwo auf der Welt entdecke.
Regensburg fängt dann plötzlich an zu pulsieren.
Bis spät am Abend, wenn die Regensburger wieder unter sich sind. In der Stadt wird es erst relativ spät ruhig. Es ist immer was los. Und es ist immer friedvoll.
Ich glaube deswegen liebe ich es hier so. Hier ist die Welt noch in Ordnung. Man kann sich hier sicher und geborgen fühlen. Zu Hause eben.
Im Sommer ist es fast schon mediterran. Ich kann es nachvollziehen, wenn Regensburg oft als nördlichste Stadt Italiens betitelt wird. Ich warte nur darauf, dass die ersten Palmen gepflanzt werden. Jeder ist in den Gassen unterwegs, sitzt in einen der unzähligen Straßencafés, Bars und Biergärten, oder an der Donau. Lauscht dem Rausch des Sommers.
Und dann liebe ich die Nähe zur Natur. Man ist schnell im Bayerischen Wald und in den Alpen. Wir haben alles vor der Tür. Das Regensburger Umland ist ein Traum und bringt eine hohe Lebensqualität mich sich.
Was gefällt Dir nicht so gut an Regensburg?
Regensburg macht es für mich, als Künstlerin schwierig hier zu arbeiten. Die Immobilienpreise sind explodiert, was es schwierig macht bezahlbare Ausstellungs- und Atelierflächen zu finden. Es lässt mich künstlerisch stagnieren. Ich fühle mich manchmal wie lahm gelegt. Deswegen überlege ich tatsächlich gerade in Hamburg wieder ein Atelier zu aktivieren, in dem ich dann zeitweise arbeiten kann.
Am 12. September eröffnet die THEWHYNOT POPUP GALERIE. Was muss ich mir darunter vorstellen?
Die POP UP Galerie ist eine temporäre Galerie für Contemporary und Urban Art. Ich nutze die Möglichkeit im Degginger eine kleine Ausstellung mit Arbeiten von Künstlern aus meinem THEWHYNOT Magazin zu zeigen. Am 10. September geht es los und geöffnet ist einen Monat lang immer mittwochs bis samstags von 11:00 bis 19:00 Uhr. In dem Magazin selber stelle ich Künstler vor, die mich inspirieren, die ich gut finde und die in irgendeiner Form eine Message haben, die ich teilen möchte. Insgesamt habe ich bereits über 50 Künstler vorgestellt und möchte sie mit denen, die sich für Kunst interessieren, auch offline teilen. Da die POPUP Galerie im Degginger nicht wahnsinnig viel Platz aufweist, stelle ich vor allem kleine Arbeiten aus, die aber dadurch auch noch bezahlbar sind und durchaus als eine – wie ich es nenne, Einstiegsdroge zum Kunstsammeln gelten können.
Die Künstler haben alle schon große und kleine Ausstellungen gemacht und sich z. T. sehr erfolgreich etabliert. So gibt es z. B. kleine, extra für die Ausstellung angefertigte Holzskulpturen von Hyland Mather aka THELOSTOBJECT, einem Künstler und Kunsthändler aus den USA, der sehr erfolgreich eine Galerie in Amsterdam führt. Oder von Matthias Edlinger, der als Filmemacher Erfolge feiert und mit seiner Kunst schon lange in der Münchner Szene verwurzelt ist. Aber ich zeige auch den Regensburger Rayk Amelang, der zuletzt eine große Museumsausstellung im Leeren Beutel hatte. Alle Künstler sind eben auch online auf www.thewhynot.de zu entdecken.
Du warst gerade beruflich in Venedig. Was hast Du dort gemacht?
In Venedig hatte ich als Artist in Residenz die Möglichkeit in einer alten Kaserne auf dem Lido mein Atelier aufzuschlagen und hier künstlerisch zu arbeiten. Zusammen mit dem Team von Lost Traces, hinter der die Architekten Stephanie Reiterer und Jan Weber-Ebnet stehen und baukulturelle Spurensuchen für junge Menschen entwickeln, habe ich hier den August über gelebt. Die sogenannte Caserma Pepe, ist wiederum Teil der diesjährigen Biennale für Architektur und ein Inkubator für künstlerische und städtebauliche Projekte. Der Französische Pavillon hat sich hier mit der kollektiven Nutzung eines solchen Bauwerkes beschäftigt und dies auf der Biennale vorgestellt. Zusammen mit den Franzosen, den italienischen Gastgebern von BUURB und Menschen aus der ganzen Welt haben wir hier gearbeitet und geholfen den Ort zu einem kulturellen Zentrum zu entwickeln.
Drei Charaktereigenschaften mit denen Du Dich spontan beschreiben würdest:
Puh… Ich würde es viel spannender finden, wenn andere mich mit 3 Begriffen beschreiben würden. (Anmerkung von RegensburgNow: ok, super sympathisch / kreativ / weltoffen & inspirierend. Das waren jetzt 4 Begriffe.)
Wie sieht ein typischer Arbeitsalltag bei Dir aus?
Bei mir gleicht kein Tag dem anderen. Da ich selbstständig arbeite, habe ich zwar jeden Tag meine Aufgaben, kann sie mir aber frei einteilen. Ich stehe aber immer recht früh auf. Ich habe eine Morgenroutine, die ich versuche jeden Morgen einzuhalten. Dann erledige ich die wichtigsten Aufgaben. Morgens bin ich am produktivsten. Schließlich erledige meine Buchhaltung und antworte auf Emails, schreibe Künstler an, schreibe Artikel und plane Projekte. Am Nachmittag arbeite ich dann künstlerisch. Nebenbei habe ich dann noch allerhand anderen Projekte zu bewältigen, die ich neben meiner Tätigkeit als Künstlerin und Kunstvermittlerin manage.
Du scheinst vor Ideen zu sprudeln. Was inspiriert Dich?
Vor allem gelebte Orte mit Geschichten. Das habe ich jetzt in Venedig wieder erleben dürfen. Wenn Orte eine gewisse Magie haben, sprudele ich danach vor Inspirationen und Schaffensdrang. Auch Bad Gastein ist ein Ort, der mich wahnsinnig inspiriert. Und Mexiko.
Außerdem liebe ich es gute Ausstellungen zu besuchen. Da bin ich aber in meiner Auswahl rigoros, wenn mich etwas nicht begeistert oder inspiriert, bin ich ganz schnell wieder weg. Dann inspirieren mich andere Künstler, zurzeit z. B. Jorinde Voigt und viele junge Künstler aus San Francisco.
Und ich liebe gute Bücher über Kunst, Philosophie, Spiritualität. Wenn ich eines entdeckt habe, kann ich nichts anderes machen, als zu lesen.
Und dann gibt es einige Menschen in meinem Umfeld, die ich wahnsinnig inspirierend finde. Das sind meistens Menschen die viel reisen, weltoffen sind, häufig sogar mehrere Nationalitäten in sich tragen und ihre eigene Passion gefunden haben.
In Deiner Kunst kommen häufig Hände vor. Was symbolisieren sie für Dich?
Eigentlich waren sie ein Ausgleich, den ich brauchte zu dem fourhundretpinkclouds Projekt, bei dem ich rosa Wolken mit Ölfarbe auf die Seiten eines Künstlerkataloges aufgetragen habe. Die Farbe habe ich dabei direkt mit den Fingern und nicht mit dem Pinseln aufgetragen. Ein sehr direkter und haptischer Vorgang. Da ich mich oft mit dem meditativen Aspekt in der Kunst beschäftige, war dies auch eine Form der Meditation, gekoppelt mit einer Affirmation. In dem Künstlerkatalog wurden neu interpretierte Kriegsszenen aus den größten und erfolgreichsten Kriegsfilmen gezeigt und diese wiederum habe ich mit dem Farbauftrag überlagert. Außerdem sind Hände für mich ein Überträger von Energien. Wir stellen damit Kontakt zu anderen Menschen her. Sie können heilen und beruhigen.
Beschreibe Regensburg bitte kurz in Deinen eigenen Worten:
Pulsierend, liebevoll, friedvoll.
Was ist Dein Lieblingsort oder Lieblingsplatz in oder um Regensburg?
In Regensburg der Gang über die Steinerne Brücke, das Mea in Stadt am Hof, die vielen kleinen Gassen. Um Regensburg herum liebe ich immer wieder eine SUP-Tour auf dem Regen, eine Wanderung auf dem Alpin-Steig oder eine Brotzeit auf der Tremmelhauser Höhe.
In Deinem Online-Magazin „TheWhyNot“ stellst Du auch Reisen vor. Wohin fährst Du gerne?
Ich liebe Mexiko. Nicht nur weil ich dort eine Zeit lang leben durfte. Ich bin verliebt in die Menschen und in die Musik, in die Landschaft und in das Meer. Mexiko gibt mir ganz viel Kraft und Energie. Ich bin da irgendwie ein anderer Mensch.
Wenn ich zur Ruhe kommen und mich ganz der Natur hingeben möchte, liebe ich es auf die Seychellen zu fahren. Dort gibt es ein wunderschönes kleines Retreat, was so magisch ist und nach meinem ersten Besuch, ein Stück weit mein Leben verändert hat.
Wenn wir weiter in der Ferne bleiben, dann ist Hawaii ein Ort, an dem ich mir sogar vorstellen könnte meine Zelte aufzuschlagen. Hawaii vereint alles: Magie, Natur, Kulturen und unterschiedliche Lebensmodelle.
Aber zur Zeit, liebe ich es in die Alpen zu fahren. Bad Gastein ist zum Beispiel für mich ein Ort, den ich ganz regelmäßig besuche, seit ich als Kind hier das Schi fahren gelernt habe.
Woran arbeitest du gerade oder was ist Dein nächstes Projekt?
Hier in Venedig habe ich meine METTA Serie weitergeführt. Das sind Atemzeichnungen. Ganz feine Linien, bei der jede Linie für einen Atemzug steht. Am Anfang der Linie wird eingeatmet und bis zur Vollendung der Linie ausgeatmet. Es funktioniert wie eine Meditation, die wiederum mich in eine volle Konzentration bringt und meinen Fokus schärft. In den Linien ist zu erkennen, wie der Zustand während der Zeichnung war. Volle Konzentration oder mehr „wollen als sein“. Bei letzterem sind die Linien dann leicht zittrig oder nicht in der Bahn, was man allerdings nur bei genauem Hinsehen entdecken kann. Jeden Morgen ist hier auf dem Lido eine kleine Zeichnung entstanden, versehen mit Datum, Ort und Zeit, außerdem mehrere große METTA Zeichnungen.
Weiter habe ich mit einer Serie von Textilarbeiten begonnen. Aus Stoffen, Tauen und Bändern, die ich größtenteils hier in Venedig gefunden oder erstanden habe, sind bis zu 2,50 m große Fahnen entstanden. Ich habe bis zu 4 Stoffbahnen übereinander gelegt und mit Ornamenten und grafischen Mustern bemalt.
Fahnen sind seit vielen Jahrhunderten Identifikationsobjekt und Heiligtum. Sie werden noch heute in unserem christlichen Glauben feierlich geweiht, dienen im buddhistischen Glauben um Gebete gen Himmel zu schicken, und waren im militärischen Bereich nicht nur Orientierungspunkt in Schlachten, sondern ein ganz wichtiges Symbol für Ehre und Treue. Venedig war ein sehr inspirierender Ort mit diesen Arbeiten zu beginnen, ich selber bin gespannt, wie es weiter geht.
Hast du einen Kindheitstraum, den du dir unbedingt erfüllen willst oder schon hast?
Ich wollte immer viel Reisen. Meine Eltern sind schon damals viel mit uns gereist, sodass e für mich immer klar war, nicht zu lange an einem Ort sein zu wollen, sondern die Welt zu entdecken. 2015 habe ich mit meinem Mann eine Weltreise gemacht und bin in fast 4 Monaten einmal um die ganze Weltkugel gereist.
Kochst Du lieber selbst oder bevorzugst Du ein Restaurant?
Beides. Ich liebe es zu kochen und nutze es manchmal als kreativen Ausgleich, wenn ich ein künstlerisches Projekt abgeschlossen habe, es aber immer noch in mir brodelt. Aber ich liebe auch schöne Restaurants. Da muss das Ambiente, der Stil, das Essen und die Menschen passen. Dann kann ich dann auch allein essen gehen, weil mich die Atmosphäre dann total inspiriert.
Noch eine Regensburg-Frage: Knackersemmel oder Prinzess-Pralinen?
Knackersemmel! Ganz klar liebe ich es eher deftig als süß. Muss aber nicht immer Fleisch sein.
Was macht Dich glücklich?
Als Erstes die Natur. Ganz früh morgens mit dem Sonnenaufgang aufzustehen und raus in die Natur zu gehen macht mich enorm glücklich. Vorausgesetzt ich habe gut und lang genug geschlafen! Ich liebe die Ruhe, die frische Luft, die Klarheit, das erwachen und die neue Chance.
Vielen Dank für das schöne Interview, liebe Carolin! Am 12. September führt Carolin Samson um 18.00 Uhr persönlich durch die THEWHYNOT POPUP GALERIE im Degginger. Mehr Infos auf www.thewhynot.de
// THEWHYNOT POPUP GALERIE // 7 Künstler, 4 Wochen auf 40 qm.
Wann? Ab 12.09.2018, Mi-Sa 11.00-19.00 Uhr
Wo? Im Degginger (Tändlergasse 18 oder über die Wahlenstraße 17)